Wie wohl viele andere Fotografen interessierte auch mich die Frage, ob es denn heutzutage überhaupt lohnenswert ist, neben einem teuren Profi-Zoomobjektiv, wie bspw. das neue Tamron 70-200mm f/2.8 G2, eine so teure Festbrennweite wie das neue Sigma 135mm f/1.8 ART zu betreiben? Wie groß sind die Unterschiede in Sachen Schärfe, Bokeh, Geschwindigkeit vom Autofokus etc.
Da ich das Glück habe, momentan beide Objektive zu besitzen, habe ich heute kurzerhand einen schnellen und einfachen Vergleich der beiden Objektive gemacht.
Dass das neue Tamron 70-200mm f/2.8 G2 ein sehr gutes Objektiv ist, habe ich bereits bei meinem kurzen Tamron 70-200 G2 Test festgestellt. Das Objektiv ist scharf, präzise, schnell, bildstabilisiert, und das Wichtigste: es ist durch seinen knapp dreifachen Zoomfaktor flexibler als jede Festbrennweite.
Das neue Sigma 135mm ART habe ich erst seit wenigen Tagen und habe es bereits gegen mein Nikon 105mm f/1.4E verglichen (Sigma 135 ART vs Nikon 105 f/1.4 E). Heute wollte ich dagegen durch einen kleinen Testaufbau erfahren, wie gut denn das Tamron gegenüber Sigma abschneidet.
Schnell ein Stativ aufgebaut, Kamera drauf (Nikon D810), Spiegelvorauslösung 3s eingestellt, per Live View am Display fokussiert und am Rechner verglichen. Die Aufnahmen habe ich dabei stets mit gleichen Parametern in Adobe Camera RAW entwickelt, es herrscht also überall ein Gleichstand.
Und nun kommen schon die ersten Bilder. Diese zeigen erstmal eine Gesamtansicht. Zuerst das Sigma, dann das Tamron. Das Tamron habe ich übrigens auf 155mm gestellt, da es sich noch um Nahbereich handelt und das Tamron hier von sogenanntem Focus Breathing betroffen ist.
Fokussiert habe ich genau darauf, was ihr jetzt sehen werdet. Es ist ein 100% Ausschnitt aus dem Zentrum, und auf genau diese Blute habe ich fokussiert. Das Sigma stand dabei auf f/1.8, Tamron verständlicherweise auf f/2.8. Bild anklicken, um zu vergrößern.
Und hier noch ein Vergleich, beide bei f/2.8:
Und nun schauen wir uns an, wie sich die Schärfe am Bildrand verhält. Die meisten Zoomobjektive und sogar auch manche hochwertige Festbrennweiten zeigen hier bei Offenblende oft Schwächen. Alles wie gehabt, Sigma 135 ART bei f/1.8, das Tamron 70-200 G2 bei f/2.8.
Zuerst die Gesamtansicht, links Sigma, rechts Tamron:
Und nun schauen wir uns bei 100% Ansicht an, wie gut oder schlecht sich das Tamron gegenüber Sigma schlägt. Das Sigma steht diesmal ebenso auf f/2.8. Das Ergebnis fällt wie von mir erwartet aus:
Das Tamron kenne ich ja schon länger und habe damit bereits diverse Bilder gemacht. Ich weiß, wo er seine Schwächen und Stärken hat. In der Mitte ist das Tamron schon bei offener Blende scharf, für ein Zoomobjektiv sogar sehr scharf. In den Rändern und Ecken dagegen schwächelt es. Es ist nix schlimmes und ist bei fast allen mir bekannten Objektiven so. Zumal sich die Schärfe auch deutlich steigert, wenn man das Objektiv, wie es bei bspw. Landschafts- oder Architekturfotografien üblich ist, auf f/8 oder gar f/11 abblendet. Dennoch sieht man in den Bildern oberhalb, dass das Sigma 135mm f/1.8 ART am Rand deutlich besser abbildet.
Und wenn wir schon dabei sind, die Bilder zu "zerlegen", schauen wir uns gleich mal an, wie sich das Bokeh bei beiden Objektiven bei offener Blende verhält.
Auch hier gibt es für mich nix überraschendes, genau so wie ich es erwartet hätte (links Sigma, rechts Tamron):
Das Sigma 135mm f/1.8 ART zeigt ein deutlich weicheres Bokeh, ist klar, da gut eine Blende lichtstärker. Aber achtet mal auf die Bokehgüte. Das Tamron 70-200 G2 produziert am Bildrand so genannte "cat eyes", also Katzenaugen förmige "Bokehringe". Das Sigma bleibt dabei fast perfekt rund. Auch beim Bokeh kann Tamron dem Sigma nix vormachen.
Fazit.
Man kann nicht beides haben. Entweder hat man eine in jeder Hinsicht perfekte Optik als Festbrennweite, oder man hat ein Zoomobjektiv mit einer guten oder gar sehr guten, aber nicht perfekten Abbildungsleistung. Oder anders gesagt: Perfektion versus Flexibilität.
Der Autofokus der beiden Objektive ist übrigens auf einem vergleichbaren Niveau. Sowohl das Sigma 135mm f/1.8 ART als auch Tamron 70-200mm f/2.8 G2 fokussieren sehr schnell und sicher. Das Tamron hat halt einen zusätzlichen Vorteil: Bildstabilisator. Und dieser ist sehr wirkungsvoll.
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Udo Walsch (Freitag, 13 Oktober 2017 16:26)
Danke für diesen sehr aufschlussreichen Vergleich! Was mich noch interessieren würde, wäre ein Vergleich des Sigma bei f/1,8 und des Tamron bei 200 mm und f/2,8 bei gleichem Abbildungsmaßstab bezüglich des Bokehs. Indem das 200er den Hintergrund im Vergleich zum Vordergrund stärker vergrößert als das 135er, wird ja auch die Unschärfe vergrößert. Es würde mich mal interessieren, wie stark sich die unterschiedliche Bokeh-Güte dann auswirkt.
ViBo Photodesign (Sonntag, 15 Oktober 2017 12:09)
Hallo,
diesen Vergleich kann ich nicht mehr durchführen, weil ich weg vom 70-200er Zoom bin.
Sie dürfen aber nicht vergessen, dass Tamron 70-200 G2 (und auch viele andere 70-200 Zooms) an Brennweitenverkürzung im Nahbereich leidet. Die 200mm im Nahbereich wirken also kürzer (Tamron hat einen Abbildungsmassstab von 1:6,1, Sigma 1:5).
Nach dem, was ich von beiden gesehen habe, kommt das Tamron an das Sigma bei Bokeh und Schärfe nicht ran. Die 1 1/3 Blenden Unterschied wird auch die längere Brennweite nicht kompensieren können. Das Tamron ist zwar ein sehr gutes Objektiv, doch das Sigma ist einfach überragend gut. Leider fehlt ihm aber der Stabilisator.
Grüße
ViBo